Gustav Knak aus: „Simon Johanna,
hast du mich lieb?
Geistliche
Lieder und Sonette“
I.
Wenn Sorg’ und Gram um deine
Seele schweben,
Dein trübes Auge
Sehnsuchtstränen weint,
Dein Herz in Wehmuth zu
vergehen meint
Und finster dir entgegenstarrt
das Leben: -
Ist nur dein Wille rein und
heiß dein Streben,
Bist du mit deinem Heiland
fest vereint,
Ist Er dein sel’ger Trost und
treu’ster Freund,
So magst du frei die wunde
Brust erheben!
Denn dein Verlangen und dein
heilig Glauben
Kann dir die Welt mit ihren
dunklen Schlingen
Und ihrem falschen Schimmer
nicht entreißen;
Zu frommer Lieb’, in zarten
Liebes Weisen
Kann ihres Atems Todeshauch
nicht dringen
Und dein Vertrauen kann sie
dir nicht rauben!
II.
Wer auf des Lebens
wilderregten Wellen
Des Himmels Bild in tiefster
Seele trägt,
Wes Herz voll Lieb’ und
Glaubenshoffnung schlägt
Dem kann sein schwankend
Schifflein nicht zerschellen.
Wer aus des ew’gen Wassers
frischen Quellen
Die Fülle schöpft, die seine
Brust bewegt,
Wer sein Geschick in Gottes
Hände legt,
Dem muß die Nacht zum Tage
sich erhellen!
An seines Meisters
friedevoller Seite,
Von Seiner Huld und Gnadenhand
umfangen
Zieht er getrost und fröhlich
dann zum Streite;
Und mag die Welt ihn kränken
oder hassen,
Doch bleibt er fest an seinem
Heiland hangen
Und will das Leben für die
Brüder lassen!
III.
Weißt du die rechten Wege nicht
zu finden,
Irrst du verlassen in der Welt
umher
Und fährst dahin, auf
unbekanntem Meer,
Getrieben von dem Sturme deine
Sünden: -
Kannst du der Wahrheit Tiefen
nicht ergründen,
Drückt dich der Erdennebel
dumpf und schwer,
Fühlst du dich hoffnungslos und
arm und leer,
Will Alles um dich her in
Nichts verschwinden: -
Suchst du nach Leben, brennst
du vor verlangen
An Freundes Brust dein krankes
Herz zu legen
Und willst in Demuth dich dem
Herrn ergeben:
So wird Er lieb und innig dich
umfangen,
So tönt Sein Gottesgruß dir
treu entgegen:
„Ich bin der Weg, die Wahrheit
und das Leben!“
IV.
Seid mir gegrüßt ihr heil’gen
Gottesstreiter,
Die ihr, voll Demuth und mit
kühnem Gang,
Getrieben von des Geistes
tiefstem Drang
Durch Kampf und Nacht erklommt
die Himmelsleiter!
Wie strahlt mir euer Bild so
rein und heiter!
Mir ist als hört’ ich eurer
Stimme Klang,
Als säh’ ich euch wie eure
Seele rang
Und immer voller ward und hell
und weiter.
O daß Der Herr Der eure Treue
stählte,
Der euch mit Lieb’ und Glaubensmuth
erfüllte
Und eurer Schwachheit Seine
Gnade schenkte –
Daß Er auch mich so ganz in
Sich versenkte,
Daß Er mein innigheißes Sehnen
stillte,
Zum Kampf auf Tod und Leben
mich erwählte!
V.
Wohl ist’s ein zartes
wundervolles Leben
Wenn draußen Alles duftet,
blüht und keimt,
Die Erde von des Himmels
Frühling träumt
Und Blumen sehnsuchtstill das
Haupt erheben.
Und mahnt dich das
geheimnisvolle Weben,
Der leise Schimmer der die
Wolke säumt,
Die Woge nicht, die brausend
schwankt und schäumt,
An deines Herzens
innertiefstes Streben? –
O will dich’s ahnend zu den
Sternen ziehen,
Aus dunkler Fremde zu der
Heimath Landen,
In lichtem Freiheitsäther dich
zu baden:
So laß dich nicht umsonst so
innig laden,
Entreiße dich der Welt und
ihren Banden
An Gottes Brust zum Leben zu
erglühen!
VI.
Es ist kein eitler Traum, kein
schwaches Wähnen,
Kein loses Spiel mit
flatternden Gedanken
Die unstät hierin bald und
dorthin schwanken
Mit unbestimmten, dunklen Ziel
und Sehnen.
Es sind der tiefsten Wehmuth heiße
Thränen,
Die Seele will empor aus ihren
Schranken,
Um seine Eiche sich der Epheu
ranken,
Es folgt der Geist den sel’gen
Himmelstönen.
Auf Erden ist kein fester
Grund zu finden,
Da kreuzen sich die ungetreuen
Pfade,
Dein irdisch Müh’n und Ringen
ist vergebens; -
Doch Grau’n und Nacht und
Zweifel müssen schwinden
Hast du verlangend aus dem
Quell der Gnade
Gekostet still und von dem
Brot des Lebens!
VII.
Was rühmst du dich mit deiner
Gaben Fülle,
Mit deiner Jugend
frischgewundnem Kranz,
Und bist so stolz auf deines
Wesens Glanz
Als ob aus ihm der Seele
Frieden quille?
O geh’ hinab in deines Herzens
Stille,
Beschaue dich recht innig,
treu und ganz,
Denk an des Erdenlebens
raschen Tanz
Und an des Leibes
sündlichschwache Hülle!
Hast du dich dann so krank und
arm gesehen
Und willst vor Scham und
bitt’rem Leid vergehen
Und sehnst nach Jesu dich mit
heißem Flehen: -
Er ist dir ewig nah’ in deinem
Herzen;
Und glüh’n die Seines Glaubens
Himmelskerzen
So rühmst du Sein dich nur, in
Freud’ und Schmerzen.
VIII.
Was starrst du so voll Unmuth
in das Leben,
Als wär’ es nichts als nur ein
dumpfer Traum
Und könnte nichts als
flücht’gen Wahn und Schaum,
Als Gram und Leid der
durst’gen Seele geben?
„Was hilft mir – murrst du – all’
mein heißes Streben?
Werd’ ich doch auch bald, wie
der frische Baum
Der jüngst noch blühte zu des
Himmels Raum,
Vom Todesblitz getroffen
niederbeben!“
Du thöricht Herz! muß dich der
Baum beschämen?
Trug er nicht Frucht und wuchs
in seiner Fülle
So lange fort, bis ihn der
Sturm entseelet?
Und du, den Gott zu seinem
Kind erwählet,
Weihst nicht dein Leben ganz
und gläubigstille
Dem, der dir’s gab und dir’s
allein kann nehmen? -
IX.
Wenn ob dem Sturm die
stärksten Eichen splittern
Und trüb’ und bang die scheuen
Wolken zieh’n,
Wenn Blitze zuckend durch das
Dunkel sprüh’n,
Daß alle Wesen rings dem Tod’
erzittern –
Der Gottesheld steht freudig
in Gewittern,
Ihm strahlt sein Liebesauge
still und kühn,
Er sieht getrost die wilden
Flammen glüh’n,
Sein Glaub# ist fest und
nimmer zu erschüttern!
Und immer höher färben sich
die Wangen,
Und heil’ger wogt und voller
seine Brust,
Er ahnt und fühlt des nahen
Himmels Lust.
Und stirbt er dann, dem ew’gen
Herrn getreu,
So schwingt sein Geist sich
frisch hinauf und frei:
Die Nacht ist hin, die ew’gen
Sterne prangen!
X.
Was schleichst du mit des
bangen Kummers Blicken
So hoffnungslos allein den
öden Pfad,
Als gäb’ es nirgend Trost für
dich und Rath
Und keinen Quell dich segnend
zu erquicken?
O möchtest du dich doch im
Staube bücken,
Erkennen deines Herzens
sünd’ge Tat,
Dich sehnen nach des Geistes
ew’ger Saat
Und dich mit Demuth und mit
Reue schmücken!
Dann würdest du, erfüllt von
Himmelsfreuden,
Mit kindlichstillem Sinn zum
Vater beten
Und voll Vertrau’n hinaus in’s
Leben treten.
Und droh’n dir dort auch
Klippen rings und Wogen –
Hast du den Herrn nur tief in
dich gezogen
So kann dich nichts von Seiner
Liebe scheiden!
XI.
Ist ein theurer Freund von Dir
gegangen
Der Dir innignah’ am Herzen
stand,
Rief der Herr ihn heim ins
Vaterland
Aus der Erde Müh’ und schwerem
Bangen: -
Weine nicht in zweifelndem
Verlangen!
Ob er deinen Blicken auch
entschwand,
Ist er ewig doch in Gottes
Hand
Und von Seiner Vaterhuld
umfangen!
Aber folge deinem treuen Sehnen,
Strebe nach ihm zu des Himmels
Höhen,
Glaub’ an deines Heilands
Liebesworte!
Offen steht auch dir des
Lebens Pforte,
Und du sollst den Freund ja
ewig sehen
Wo aus Klagen werden
Freudethränen!
XII.
Mußt du zur Zeit auf rauhem
Pfade gehen,
Stimmt sich zur Klage deiner
Saiten Klang,
Bleibt deines Gottes Hülf’
auch noch so lang
Und ist’s, als hört’ Er nicht
dein heißes Flehen:
Doch bleibe fest bei Ihm im
Glauben stehen
Und folge Deiner Hoffnung
stillem Drang
Zu Dem, Der Sünd’ und Grab für
dich bezwang,
Zu deines Heilands ew’gen
Liebeshöhen.
Er ist dein Hort, ob alle von
dir fliehen,
Und will dich ja durch Kampf
und Erdenmühen
Für Seinen Himmel gnadenvoll
erziehen.
Er will du sollst auf Ihn nur
immer schauen,
Auf keinem andern Grunde ruh’n
und bauen
Und Ihm mit Leib und Seele
dich vertrauen.
XIII.
Er athmet schwach, die müden
Füße wanken
Und düster immer düst’rer
brennt das Licht,
Sein Leben weht vorbei wie ein
Gedicht
Und Todesbilder rittern um den
Kranken.
Doch himmelwärts entschweben die
Gedanken
Und auf der Erd’ ist ihres
Bleibens nicht,
Von sel’ger Ahnung glüht sein
Angesicht,
Die Seele schwingt sich
fröhlich aus den Schranken! –
Die ihr ihn sah’t ins ew’ge
Leben schlummern
Mit stillem Hoffnungsfrieden
in den Blicken,
Aus Noth und Angst, aus Müh’
und tiefem Leiden:
Erhebt euch frei mit ihm aus
euren Kummern,
Mit gleichen Hochzeitskränzen
euch zu schmücken
Und einst wie er von hinnen
auch zu scheiden!
XIV.
Bist du vom Herrn bestimmt zu
schwerem Leiden
Und fehlt dir alle Schönheit und
Gestalt,
Blickt dich die Welt auch
finster an und kalt
Und gönnt dir keine Ruh’ und
keine Freuden: -
Dein Heiland kann doch nimmer
von dir scheiden,
er bleibt bei Nacht und Kampf
dein Licht und Halt,
Du weißt ja wie Sein Herz in
Liebe wallt,
Und gehst schon hier auf
Seines Himmels Weiden.
Und nimmt Er dir dein Liebstes
aus den Armen
Und läßt dich hier allein auf
dunklem Pfade,
Als hätt’ Er dein Sich ganz
und gar begeben: -
Doch darfst du drum nicht
zweifeln und nicht beben: -
Denn überschwenglich groß ist
seine Gnade
Und ewig wie Er Selbst ist
sein Erbarmen!
XV.
Frisch auf ! ihr Brüder,
laßt uns fest umschlungen
Zum Kampf mit unserm Heiland
zieh’n hinaus,
Verlassen müssen wir der
Knechtschaft Haus,
Zur Freiheit schau’n aus
diesen Dämmerungen!
Des Meisters Ruf ist laut an
uns erklungen:
„Kommt her! Ich führ euch
Selbst durch Sturm und Graus,
Zieht eurer Sünde Todeskleider
aus,
Ergreift die Gnaden die Ich
euch errungen!
Mein Reich ist nicht von hier
und von der Erden,
Drum – seid ihr Mein und wollt’s
auf immer werden,
So bleibt Mir treu, in Trübsal
und Beschwerden!
Wollt ihr des Sieges ew’gen
Kranz erwerben
Und meines Wesens Herrlichkeit
ererben,
So folgt Mir nach im Leben und
im Sterben!“
XVI.
Wenn dir’s an Kraft und
Glaubensmuth gebricht
Und an Vertrau’n mit deinem
Herrn zu sprechen,
Wenn im Gefühle deiner Schuld
und Schwächen
Du bebst vor deines Gottes
Strafgericht:
O zweifle nur an Seiner Gnade
nicht,
In Demuth nahe Seines Friedens
Bächen,
Er kann ja doch das schwanke
Rohr nicht brechen
Und nicht verlöschen dein
ersterbend Licht.
All’ deine Sünden will er dir
vergeben,
Du sollst dich reuig nur zu
Ihm bekehren
Und Ihn allein und Seine
Stimme hören.
In Freud’ und Schmerzen will
Er mit dir gehen,
Und ruft dir zu in Kampf und
Todesnähen:
„Ich bin die Auferstehung und
das Leben!“
XVII.
Des frischen Lebens heit’re
Stimmen schweigen,
Der Erde Blütenkränze sind
verdorrt
Und draußen heult der
schauerliche Nord
Und singt der öden Flur den
Todesreigen.
Doch ob sich Eichen auch dem
Sturme beugen
Und Blatt und Blume welkt und
schwindet fort,
So lebt doch ewig meines
Gottes Wort
Und läßt mich nicht, und ist
und bleibt mein eigen!
Und seh’ ich weinend die Natur
ersterben,
Und mahnt’s mich ernst: „auch
du mußt einst vergehen,
Den sünd’gen Leib in’s dunkle
Grab zu legen!“ –
So ruft mein Heiland liebend
mir entgegen:
„Sei doch getrost! du sollst
ja auferstehen
Und meines Himmels Seligkeit
ererben!“
XVIII.
Wer dich, o Herr ! und
Deinen Trost gewonnen
Und Dir mit ganzem Herzen sich
ergab,
Wer kindlich Dir vertraut bis
an sein Grab,
Gewiß daß er durch Dich dem
Tod’ entronnen:
Dem ist auch all’ sein Tun in
Dir begonnen,
Er wandelt still mit Dir,
bergauf bergab,
Du bist sein Frieden, Heil und
Licht und Stab,
Sein einzig Ziel und seines
Lebens Bronnen.
Er flieht die Welt mit ihrem
Glanz und Schimmer,
Der Erde Lust und all’ ihr
eitles Prangen
Das heute strahlt und morgen
schon vergangen;
Dir folgt er nach im Lieben
und im Leiden,
Und soll er einst aus dieser
Hütte scheiden
So schaut er Dich ja selig und
auf immer!
XIX.
Wenn wir schlafen willst Du,
Vater, wachen,
Willst uns schützen vor des Feindes Macht,
Unser Licht sein in der
finstern Nacht,
Alles willst Du wohl und
gnädig machen.
Weinen wir, so machst Du daß
wir lachen,
Sind wir krank, so kommst du
treu und sacht,
Nimmst die Schäflein wohl in
Hut und Acht
Und bewahrst sie vor des
Wolfes Rachen.
Wer sich Dir im Glauben hat
ergeben,
Wer in Dir sein Alles sucht zu
finden,
Ohne Dich nicht kann und weiß
zu leben:
Der ist still in Freude wie in
Schmerzen,
Denn er ist ja frei von Tod
und Sünden,
Ach! und ruht an Deinem
Vaterherzen!
XX.
Die Nacht ist hin – der
Heiland ist geboren
Und Erd’ und Himmel singt und
jauchzt dem Herrn,
Sein Trost ist nah’ und Keinem
von uns fern,
Er sucht und rettet Alle die
verloren!
So laßt Ihn freudig ein zu
Seinen Thoren
Und macht Ihm auf die Herzen
weit und gern,
Schaut gläubigstill zu Seinem
Friedensstern:
Er hat uns Alle liebend ja
erkoren!
Für alle Welt ist Er im
Fleisch erschienen
Voll Gnad’ und Huld, voll Leben,
Licht und Wahrheit,
Und will die Sünder freundlich
zu sich ziehen –
O schenkt euch Ihm, vergeßt
der Erde Mühen,
Den eitlen Glanz – für Seines
Himmels Klarheit;
Er hat uns theu’r erkauft, Ihm
laßt uns dienen!
XXI.
Da steh’n wir nun und wissen nichts
zu sagen
Und seh’n uns an und jauchzen
still und weinen,
Und denken an den
heißgeliebten Einen
Für Den die Herzen
dankerglühend schlagen.
Verstummt ist alles Leid und
alle Klagen,
Wir zählen uns so selig zu den
Seinen
Und möchten alle Welt mit Ihm vereinen,
Weil Er die Sünden Aller hat
getragen!
So liegen wir uns betend in
den Armen –
Des Himmels Engel singen:
„Freuet euch!“
Wir sind so arm und so
unsäglich reich.
Uns ist als ob wir an der
Krippe steh’n,
Als ob wir Ihn mit unsern
Augen seh’n
Voll Lieb’ und Huld und ewigem
Erbarmen!
XXII.
Wer sich dem Herrn zu eigen
hat gegeben
Und freudig thut was sein
Erlöser spricht,
Der wandelt seine Bahn in
Gottes Licht
Und ist voll Lieb’ und Kraft,
voll Mut und Leben.
Und ob auch finstre Wolken ihn
umschweben,
Ob ihn der Sturm erfaßt – doch
wankt er nicht
Und schaut dem Tode frei in’s
Angesicht
Der ihn zu seinem Heiland soll
erheben.
Und wenn die Seinen um ihn
steh’n und weinen,
So drückt er sie noch einmal
treu an’s Herz
Und segnet sie und weis’t sie himmelwärts:
Dann zieht er still die
Pilgerkleider aus,
Eröffnet steht des ew’gen
Vaters Haus
Und Jesus Christus zählt ihn
zu den Seinen!
XXIII.
Soll dich der Herr mit Seiner
Gnade tränken
Und dich befrei’n von aller
Angst und Noth,
So mußt du hungern nach des
Lebens Brot
Und deine Sünden müssen tief
dich kränken.
Soll Er dir Seinen ew’gen
Frieden schenken
Den Er erworben Dir durch Leid
und Tod,
So muß auf Ihn allein und Sein
Gebot
Gerichtet sein dein Wollen,
Tun und Denken.
Und liebst du Ihn so mußt du
Alles meiden
Was von dem Bösen stammt und
von der Welt
Und deinem treuen Heiland
nicht gefällt.
Ihn fragst du kindlich, und
was er verbeut
Das fliehst du gern, und
gält’s auch Kampf und Streit,
Und kannst von Allem – nur von
Ihm nicht scheiden!
XXIV.
So wie du bist und fern von
allem Scheine
So stelle dich der Welt und
Allen dar,
Daß Jedem der dir nah’t sei
offenbar
Was deine Seele denkt und was
sie meine.
Und sieht auch Niemand dich –
der Einzigreine
Nimmt deines Herzens feinste
Krümmen wahr,
Ihm liegt dein Innres
aufgedeckt und klar
Und Ihm verbirgst du der
Begierden keine.
Gott ist mit Seinem
unsichtbaren Walten
Dir ewig nahe, du entfliehst
Ihm nicht
Und mußt dich stellen einst
vor Sein Gericht!
Da wird dich Jeder dann in
Wahrheit seh’n,
Dein ganz Gemüth wird allen
offen steh’n
Und deines Wesens
allerkleinste Falten!
XXV.
Wird dir’s zu schwer von Allem
dich zu wenden
Was in der Welt dem Heiland
widersteht –
Ringst du mit ihm nur
standhaft im Gebet,
So wird der Herr dir Kraft zum
Kampfe senden.
und weißt du dich in Seinen
Liebeshänden,
Von Seines Geistes Lebenshauch
durchweht,
Und trau’st du Seinem Wort das
nie vergeht
So wirst du froh mit Ihm den
Sieg vollenden!
Steht nur nach Ihm allein all’
dein Verlangen
Der sich zum Tod’ am Kreuz für
dich geneigt,
O dann ist Seine Last dir
sanft und leicht;
Du bist so dankerfüllt, so
treu und still,
Tust freudig Alles was Er
haben will
Und folgst wohin Er dir
vorangegangen!
XXVI.
Was hilft doch alle Weisheit,
Macht und Freuden
Die dir der Erde flücht’ger
Schimmer beut,
Wenn nun dereinst, nach dieser
Spanne Zeit,
Der Tod dich zwingt die
sünd’ge Welt zu meiden?
Wer wird dich dann erretten
und bekleiden,
Wo bleibt dann alle Pracht und
Eitelkeit
Wenn du entgegengehst der
Ewigkeit
Und Gott vor Sein Gericht dich
wird bescheiden?
O Mensch! gedenk’ an deines
Lebens Ende,
Verlaß den Schein und komm’
voll Reu’ und Schuld
Und glaub’ in Demuth an des
Heilands Huld:
Auf daß Er einst, wenn deine
Hütte bricht,
Dich auch bekennt vor Gottes
Angesicht
Und deine Seele nimmt in Seine
Hände!
XXVII.
Der du so viel von Freiheit
weißt zu sagen
Die dich der Erd’ und ihrem
Dienst entrafft,
Bist du auch frei von Stolz
und Leidenschaft
Da du die Brüder nicht
vermagst zu tragen?
O möchtest du an deinen Busen
schlagen,
Recht innig fühlen deiner
Sünden Haft
Und heiß dich sehnen nach des
Heilands Kraft,
Dann würd’ in dir auch Seine
Freiheit tagen.
Voll Demuth Ihm sich weih’n
mit ganzem Herzen,
An Ihm allein in treuem
Glauben hangen,
Auf Ihn nur richten Hoffnung und
Verlangen –
Das sind des echten
Jesujüngers Zeichen,
In Kampf und Tod kann er vom
Herrn nicht weichen
Und liebt die Brüder doch,
trotz Hohn und Schmerzen!
XXVIII.
Den Himmel führen Manche wohl
im Munde
Und rühmen sich erfüllt von
Seinem Licht;
Doch ihres Heilands Ruf
erreicht sie nicht,
Sie haben Ihn nicht lieb aus
Herzens Grunde.
Von ihrem Wähnen geben sie nur
Kunde,
Von ihres Geistes schwankendem
Gedicht –
Doch was der Herr von Sünd’
und Buße spricht
Daß sei für Kranke nur, nicht
für Gesunde!
Und dennoch ist der Herr voll
Huld und Gnaden,
Von Dem sie Alles sind und
Alles haben,
Den stolzen Seelen fremd und
gar verborgen;
Sie sehnen sich wohl nach ew’gen
Morgen,
Doch „ihre Todten woll’n sie
erst begraben“
Und fühlen sich nicht elend
und beladen!
XXIX.
Wohl ist es leichter, rühmend
zu verkünden
Was deines Geistes Spiel sich
hat erzeugt,
Als demuthsvoll zum Heiland
hingeneigt
Den eignen Trieb zu brechen
und zu binden.
Und doch – wer nicht gedrückt
vom Schmerz der Sünden
Sein stolzes Herz vor dem
Allmächt’gen beugt
Und vor des Meisters Wort
nicht betend schweigt,
Der wird das theure Kleinod
nimmer finden.
Doch wer für Christum Alles
kann verlieren
Und Dem, Der ihn bis in den
Tod geliebt,
Mit ganzer Seele sich zu eigen
giebt –
Den füllt sein Herr schon hier
mit Seligkeit,
Und wird ihn droben einst,
nach treuem Streit,
Mit Seines Lebens ew’ger Krone
zieren!
XXX.
Der du gen Himmel wähnst
emporzudringen
Mit deinem eitlen Trachten und
Verstand,
Als brauchtest du nicht des
Erlösers Hand
Und Seiner Kraft zum Wollen
und Vollbringen:
Du hoffst umsonst es werde dir
gelingen
Und bau’st, statt auf den
Felsen, auf den Sand,
Dir fehlt der Demuth heilig
Unterpfand
Und ohne Kraft dind deine
stolzen Schwingen.
Es guiebt nur Einen Weg zum
ewgen Leben,
Nur Einen Herrn Der Allen
gnädig ist:
Das ist der Sünder Heiland
Jesus Christ!
Doch, wer nicht dürstend nach
Gerechtigkeit
Sich still und gläubig Ihm von
Herzen weih’t,
Den kann Er nicht zu Seinem
Reich erheben!
XXXI.
Wer bist du Mensch, der du im
Kleid der Sünden
Dem heil’gen Gott dich
frevelnd wagst zu nah’n,
Als könntest du des ew’gen
Meisters Plan
Mit deiner Armuth stolzem Aug’
ergründen?
O geh’ und lerne dich erst
selber finden
Auf deines Lebens wild
verschlungner Bahn,
Erkenne deine Schuld und
deinen Wahn,
Die niedern Bande die dein
Herz umwinden! –
Und mußt du dann voll Demuth,
Schmerz und Reue,
Von aller eignen Kraft und
Hülfe fern,
Dich zitternd niederwerfen vor
dem Herrn:
Dann neigt Er dir Sein
Heilandsangesicht
Und hebt dich aus der Nacht zu
seinem Licht
Und füllt dein Herz mit Liebe,
Dank und Treue!
XXXII.
Wie finster auch die falschen
Wogen schwellen,
Daß Flut an Flut sich dumpf
und schäumend bricht:
Fest steht der Fels im Meer
und wanket nicht,
Und was an Ihn sich stößt das
muß zerschellen!
Und ob sich Wolken vor die
Sonne stellen:
Durch Nacht und Dunkel scheint
des Himmels Licht,
Die Hölle bebt vor Seinem
Angesicht,
Ihr Fürst entflieht – Ein Wörtlein
kann ihn fällen!
Kennst du den Fels, kennst du
des Lichtes Klarheit,
Glaubst du dem
unerschütterlichen Wort
Und ist dein Jesus dein
allmächt’ger Hort:
Wohlan! so gieb dich Ihm, mit
Herz und Sinn,
In Lieb’ und Demuth ganz und
ewig hin:
Er ist der Weg, das Leben und
die Wahrheit!
XXXIII.
Was in des Herzens
tiefverborgnen Gründen,
Von Himmelslicht und Frieden
still umwebt
In frommer Demuth blüht und
keimt und lebt,
Das kann der Feind nicht
rauben und nicht finden.
Und mag er dir dein irdisch
Glück entwinden:
Ist’s Jesus nur nach Dem dein
Sehnen strebt,
Zu Dem dich gläubig Freud’ und
Leid erhebt:
Er läßt dich nicht, ob alle
Sterne schwinden!
Denn, wer dem Herrn des Todes
und des Lebens
Sein Alles was er hat und ist
und liebt
Voll heißem Dank zum Eigenthum
ergiebt:
Der wandelt kühn und treu
durch Kampf und Schmerz,
Im Himmel wo sein Schatz ist
auch sein Herz,
Und Welt und Teufel drohen ihm
vergebens!
XXXIV.
Schon regt sich’s unter der erstarrten
Hülle,
Aus ihrem Todesschlaf erwacht
die Flur
Und heimlich in dem Schoße der
Natur
Entfaltet sich des neuen
Lebens Fülle:
So webt und waltet in des
Herzens Stille
Des ew’gen Geistes unsichtbare
Spur –
Doch in gebeugten Seelen wohnt
Er nur
Und sterben muß zuvor dein eig’ner
Wille!
Wenn dann der Erde Blüthen
auch zerfallen
Und sich zerstreuen in des
Windes Weh’n:
Der Gottessame kann nicht
untergehn!
In Sturm und Wetter blüht er
schöner auf,
Zum Gärtner schau’t die Blume
still hinauf,
Bis Er sie pflanzt in Seines
Himmels Hallen!
XXXV.
Ein armes Kind, mit Müh’ und
Schuld beladen,
Verstoßen aus dem lieben
Vaterland,
Von fremder Sonne Mittagsglut
verbrannt
Irrt’ ich umher auf
unwirthbaren Pfaden.
Wohl seufzt’ ich nach den
heimischen Gestaden
An die mich stets des Herzens
Sehnsucht band –
Doch Keiner reichte mir die
treue Hand
Und heilte mich von meinem
fiefen Schaden!
Da kam des Lebens Herr Den ich
verlassen
Mir freundlich Selber in die
Wüste nach
Und rief mich aus der Nacht
zum ew’gen Tag;
Und als ich Ihn sah’,
schwanden Angst und Schmerz,
Ich sank dem Heiland weinend
an Sein Herz
Und muß Ihn ewig, ewig nun
umfassen!
XXXVI.
Ich seh das Sternenheer am
Himmel stehen
Das durch die Nacht so still
hinunterblinkt
Und mir hinauf zu seinen
Strahlen winkt
Und zu der Heimath
ahnungsreichen Höhen.
ich seh’ – und kann doch
nimmer satt mich sehen,
Ich weiß nicht welche Wehmuth
mich durchdringt,
Welch heil’ger Klang mir durch
die Seele klingt
Und welcher Wonne Schauer mich
durchwehen! –
Wohlauf! mein Herz, wenn du in
bangen Stunden
Von düsterm Grau’n dich ganz
umfangen meinst
Und einsam still in deiner
Kammer weinst:
Erhebe dich getrost zum ew’gen
Herrn
Und denk’ an Seinen sel’gen
Liebesstern:
Er kennt dein Weh’ und heilt
die tiefen Wunden!
XXXVII.
Ich komm’ o Herr! mit
demuthvollem Bangen,
Voll heißer Reu’ und bitterm
Sündenleid
Zu Deiner Gnaden
Überschwenglichkeit,
Zu Deines Todes heil’gem Mahl
gegangen.
Mein Herz erglüht vor seligem
Verlangen,
Die Seele bebt in Furcht und
Freudigkeit,
Was Deine Treue mir und Liebe
beut
Recht voll und tief und innig
zu empfangen.
O läutre Du mein Hoffen und
Begehren,
Erhöhre Du mein seufzen und
mein Flehen
und laß mich Deines Friedens
Wege gehen;
Du stärke mich im Ringen und
im Streben,
Nimm Du mich hin, im Sterben
wie im Leben,
Und all’ mein Thun geschehe
Dir zu Ehren!
XXXVIII.
Der Du Dein threues Blut für
mich vergossen
Und, mich zu lösen aus der
Sünde Noth,
Dich Selbst gegeben hast in
Leid und Tod –
Dein Liebesmahl, o Herr! hab’
ich genossen.
Von Gnad’ und Frieden fühl’
ich mich durchflossen,
Voll Trost und Hoffnung durch
Dein Lebensbrot,
Ich wandle wieder still im
Morgenrot
Und die erstorbnen Keime blüh’n
und sprossen.
All’ meiner Schulden bin ich
nun enthoben,
Des Kummers Nacht und Zweifel
sind vorbei,
Ich atme wieder fröhlich, tief
und frei;
Zu Dir, mein Jesus, schau’ ich
himmelwärts,
Vor glüh’ndem Danke bebt mein
armes Herz
Und ungesprochne Seufzer zieh’n
nach oben!
XXXIX.
Nimm Du, o Herr! mich ganz und
gar gefangen
Und mache mich von Sünd’ und
Banden frei,
Brich allen Stolz und Wahn in
mir entzwei
Und lenke Du mein Streben und
Verlangen.
Und ist mein Herz voll Zittern
und voll Bangen,
Dann stehe Du mir Schwachem
mächtig bei,
Erfülle mich mit Hoffnung,
Lieb’ und Treu’
Und laß an Dir allein mich
ewig hangen.
Rings hat der Feind mit
Schlingen mich umgeben
Und winkt und ruft mit
trügerischem Wort
Zu seiner Nacht von Deinem
Licht mich fort –
O laß mich nicht allein in
solcher Noth
Errette Du Dein Kind vom ew’gen
Tod,
Sei Du mein Heil und meines
Lebens Leben!
XL.
Entzünde mich, Du Geist der ew’gen
Gnade,
Mit frischer Kraft und heil’ger
Himmelsgluth,
Sei Du mein höchstes Sehnen,
Glück und Gut
Und laß mich gehn auf Deines
Lebens Pfade!
Des Herzens Krümmen mache
recht und g’rade,
beschütze Du mich vor des
Feindes Wuth
Und nimm mich ganz in Deine
Liebeshut,
Daß mir die Welt mit ihrer
Macht nicht schade.
Ach! komm’ und wohne stets in
meinem Herzen,
Lösch’ aus der Sünde Feu’r das
in mir flammt
Und alle Lust, die nicht von
oben stammt;
Erlöse mich von allem Wahn und
Schein,
Dein gläubig Kind laß mich in
Demuth sein,
Dein treuer Knecht, in Freud’
und bittren Schmerzen!
XLI.
Tief gebeugt, mit innigheißem
Flehen,
Arm und schuldbeladen, wie ich
bin,
Werf’ ich mich zu Deinen Füßen
hin,
Dir in’s Gnadenangesicht zu
sehen.
Ach! was wär’ ich, wohin sollt’
ich gehen
Mit dem trüben, gramzerrißnen
Sinn,
Wärst Du nicht mein Heiland
und Gewinn,
Könntest Du Dein reuig Kind
verschmähen?
O mein Jesus! laß mich nicht
alleine,
Scheuche Du mit Deinem
Gottesblick
Alle sünd’ge Lust von mir
zurück!
Schreibe Deine Lieb’ und
Deinen Schmerz
Mir mit Flammenzügen tief ins
Herz,
Daß ich ewig, ewig sei der
Deine!
XLII.
Ach! wo Du fehlst mit Deinem
Heilandsblicken,
Mit Deiner Liebe seliger
Gewalt,
Da ist’s so trüb’ und fremd,
so öd’ und kalt,
So arm an Trost und innigem
Erquicken.
Doch, wo sich Dir die Herzen
bräutlich schmücken,
Wo Deiner Gnade Preis und Dank
erschallt,
Da flieht der Schmerz, der
Klagelaut verhallt,
Die Brust erglüht vor heiligem
Entzücken!
O! wer nur einmal, Jesu! Dich
gesehen,
Wie Du am Kreuz für unsre
Sünden hingst
Und freudig in den Tod für
Alle gingst;
Wer seiner Schuld gedenkt und
Deiner Pein –
Der muß Dich lieben, Dir das
Leben weih’n
Und kann in Ewigkeit nicht von
Dir gehen!
XLIII.
Was suchst du doch mit
nimmersatten Blicken,
Mit unruhvollen gottvergessnem
Sinn,
Was suchst du in der Welt doch
für Gewinn,
Was sind die Freuden die dein
Herz berücken?
Des Todes Seile sind’s die
dich umstricken
Und dich hinunter in den
Abgrund zieh’n,
Der Sünde giebst du Leib und
Leben hin
Und ihre Bande wollen dich
erdrücken! –
Du armes Kind! – und fühlst du
nicht die Schmerzen,
Den Wurm nicht der dir tief im
Busen nagt
Und nicht den Feind der stets
dich quält und jagt?
Ach! könntest du dein ganzes
Elend schau’n:
Dir müßte schaudernd vor dir
selber grau’n
Und weinend flöh’st du zu des
Heilands Herzen!
XLIV.
An Dir allein will ich mich
ewig halten,
Mit ganzer, voller Seele Dir
mich weih’n,
Du bist mein Herr, ich will
Dein Diener sein
Und kindlich Dir vertrau’n und
Deinem Walten.
Ach! laß nur meine Liebe nicht
erkalten
Und mache mich im Glauben fest
und rein,
Nimm Du mein Herz, mein ganzes
Wesen ein
Und schütze mich vor allen
Truggestalten!
Du bist ja mir zum Trost und
Heil geboren,
Für mich am Kreuz gestorben
und verhöhnt
Und nur durch Dich bin ich mit
Gott versöhnt;
Durch Dich nur leb’ ich, Du
nur bist mein Hort –
Doch könnt’ ich jemals brechen
Dir mein Wort
So wär ich ja verlassen und
verloren! -
XLV.
Des Lebens Herr trägt meine
Schuld und Plagen
Den Sünder vom Verderben zu
befrei’n,
Des Todes Herr nimmt auf Sich
Schmach und Pein
Und läßt für mich, für All’
ans Kreuz Sich schlagen!
Ach Gott! das ist zu viel –
ich kann’s nicht tragen,
Du bist zu groß und ich, so
schwach und klein,
Ich bin’s nicht werth, Dein
ärmster knecht zu sein,
Ach Herr! ich bin’s nicht
werth Dir Dank zu sagen!
Und doch – wenn Du Dich nicht
für mich gegeben
Aus Lieb’ in Kampf und Leid,
in Grab und Noth
So wär’ ich selber ja auf ewig
todt!
Drum hilf, Herr Jesu! hilf und
nimm mich an,
Du hast zu viel, zu viel an
mir gethan –
Herr! laß mich nicht – mit Dir
nur kann ich leben!
XLVI.
Mein Heiland lebt! frohlockt
Ihm alle Zungen,
Des Grabes Pforten sind
geöffnet weit,
Des Himmels König hat gesiegt
im Streit,
Das ew’ge Leben hat den Tod
verschlungen.
Der Hölle Ketten sind vor Ihm
zersprungen,
Erstanden ist der Herr der
Herrlichkeit,
In Freud’ und Wonne kehrt sich
Gram und Leid
Und alle Trauertöne sind
verklungen!
Ach! laß uns Alle mit Dir
auferstehen
Aus Sünd’ und Finsterniß zu
Deinem Licht
Und mach’ uns fromm und frei –
verlaß uns nicht!
Und endet einst auch unser
Erdenlauf
So nimm’ uns gnädig, Herr! zu
Dir hinauf
Und laß’ uns selig Dich auf
ewig sehen!
XLVII.
Nicht, daß ich schon das Ziel
ergriffen hätte
Das mir mein Herr aus Gnaden
vorgestellt –
Ich seufze nur, daß der
allmächt’ge Held
Mich immer mehr aus Kampf und
Wahn errette.
Zerbrechen möcht ich ganz des
Feindes Kette,
Besiegen Fleisch und Blut und
Sünd’ und Welt,
Mein Heiland ist’s nach Dem
die Brust mir schwellt,
Ich strecke mich nach Seines
Friedens Stätte.
O laß mich was dahinten liegt
vergessen,
Nach Deines Himmels Kleinod
nur mich trachten
Und Schmerz und Alles gegen
Dich verachten;
Gieb, daß ich Deine Lieb’ im
Herzen trage,
In Dir, Herr! Alles hoffe,
glaub’ und wage,
Und laß Dein Lebensbrot mich
ewig essen!
XLVIII.
Gott ist mein Hirt! wie sollte
mir denn grauen
Da ich den Herrn des Lebens
bei mir hab’?
Er leitet sicher mich bergauf
bergab
Und weidet mich auf seines
Friedens Auen.
Und ist’s auch öd’ umher und
nichts zu schauen
Als steile Felsen nur und
Nacht und Grab –
Gott ist mein Licht, mein ew’ger
Hort und Stab,
Und Leib und Seele will ich
ihm vertrauen.
Er hat mit unaussprechlichem
Erbarmen
Mich armen Sünder überreich
getränkt
Und meinen Herrn und Heiland
mir geschenkt;
Er hat nicht vertilgt in
Seinem Zorn,
Hat mich versenkt in Seiner
Liebe Born
Und mich erlöset aus des Todes
Armen!
XLIX.
Ich bin so selig, Herr! in
Deiner Nähe
Und wenn mein Herz in deiner
Liebe ruht;
Die Seele brennt mir, höher
wird mein Muth
Wenn ich, Herr Jesu! Dich im
Glauben sehe.
O bleib’ bei mir und gieb mir
was ich flehe
Und stärk’ und läutre meines
Geistes Gut,
Nur immer denke wo ich geh’
und stehe.
Gieb, daß ich ohne Dich nichts
thun und leben,
Nichts lieben mag, nichts
leiden und nichts hoffen,
Und zeig’ mir Deinen Arm nur
ewig offen;
Durchströme Du mich ganz mit
Deinem Lichte,
Der Sünde Wesen mach’ in mir
zunichte
Und bilde mich zu Deinem
treuen Reben!
L.
Wie viele steh’n noch fern von
Deinem Frieden
Und wollen Dir, o Herr! nicht
gläubig nah’n
Und geh’n dahin in Sünde,
Nacht und Wahn,
Von Deines Himmels sel’gem
Trost geschieden!
Und Deine Lieb’ ist nimmer zu
ermüden,
Du läßt sie nicht allein auf
ihrer Bahn,
Klopfst immer wieder an die
Herzen an
Ob sie nicht endlich sehnten
sich nach Frieden.
O daß sie Deine Freundlichkeit
erkennten,
Nur einen Blick in ihr
Verderben thäten
Und innigheiß nach Deiner
Gnade brennten!
Du würdest sie mit
Lebenswasser tränken,
Und wenn sie Dich um Kraft und
Hülfe bäten,
Mit Deinen ew’gen Gütern sie
beschenken.
LI. - Meinem treuen Freunde Carl Straube
Wie uns der Herr zu Einem
heißen Streben,
Zu Einem heil’gen Kampfe fest
verband,
Daß wir uns Ihm mit Herzen,
Mund und Hand
Zu treuem Glauben demuthvoll
ergeben:
So wollen wir vereint, in Tod
und Leben,
An Ihm nur hangen still und
unverwandt,
Gedenken an Sein theures
Liebespfand,
In Ihm nur hoffen, dichten,
sein und weben!
Ja, Alle wollen wir in Ihm
umfassen,
Und so in Freude wie in Angst
und Nöthen
Vertrauensvoll zu Ihm und
kindlich beten.
Und sieht Er dann erbarmend
auf uns nieder
So weinen wir und singen unsre
Lieder –
Und können uns in Ewigkeit
nicht lassen!